Transgenerationales Trauma - wie sich das Leid der Eltern, Großeltern auf dich auswirken kann

Jeder Mensch möchte glücklich sein, sich selbst verwirklichen und ein freies Leben führen.

Doch oft fühlen sich Menschen blockiert und eingeschränkt - wie wenn sie eine alte Last von dem erwünschten, glücklichen Leben fernhält. Eine Last, die dazu führt, dass man in einem bestimmten Lebensbereich immer wieder scheitert und gegen eine Mauer rennt. Eine Last, die einem das leben extrem schwer machen kann - vor allem, wenn man sie nicht einordnen kann.

Das gerade deine Kindheit, das Denken und Verhalten deiner Eltern bzw. Haupt-Bezugspersonen sich elementar auf dich und deine Persönlichkeit auswirkt, ist dir sicherlich bekannt. Ansonsten lies gerne in meinem Artikel "Warum bin ich wie ich bin?" nach.

In diesem Artikel geht es um ein stark unterschätztes Thema: das transgenerationale Trauma:

Die Gespenster unserer Vorfahren:

Jeder Mensch hat in sich eine mehr oder weniger vor sich selbst verborgene Truhe an größeren und kleineren Traumas.

Das können unbewältigte Verletzungen als Kind sein.

Darin können sich aber auch erlebte Trauma unserer Großeltern & Eltern verstecken.

„Kinder werden hineingeboren in all das, was frühere Generationen erlitten und verdrängt haben.“ (Scharff)

„Was von den Erfahrungen der Überlebenden in der zweiten Generation in Träumen, Affekten, Stimmungen und bewussten wie unbewussten Vorstellungen ankommt, sind rätselhafte, nicht integrierbare Bilder und Impulse, Irritationen, Verunsicherungen der eigenen Identität, Schuldgefühle, unerklärliche Ängste oder Zwänge, Gefühle von (Selbst-)Fremdheit und Rätselhaftigkeit oder Zwangshandlungen.“ (Moré, A.)

Denn das Schicksal deiner Groß-/Eltern/Vorfahren beeinflußt dein Leben mehr als du denkst.

Unverarbeitete, unausgesprochene Trauma werden transgenerational weitergegeben

Die 4 Arten wie Trauma vererbt werden können:

1. Explizite Erzählungen (Familienerzählungen): Durch emotionale, mitleidende Erzählungen.
2. Implizite Erzählungen (Familientabus): Das Trauma-Ereignis wird als Geheimnis bewahrt wird und nicht erzählt. Das Kind spürt die Erlebnisse unterbewusst und übernimmt die Emotionen (-->Theory of Mind).
3. Erziehung („elterliche Erziehungsgewalt“) - Methoden, die Bindungsprobleme verursachen (Emotionale Kälte, Liebesentzug, Aufopferungsverhalten etc.) 
4. Epigenetische Veränderungen: Myelinisierung der DNA + so Weitergabe von Informationen (obwohl DNA intakt)

So können eben auch traumatische Erlebnisse wie der frühe Verlust einer Bezugsperson, emotionaler oder sexueller Mißbrauch, Krieg, Flucht, Vertreibung an spätere Generationen weitergegeben werden und dort weitreichende Auswirkungen haben.

Auch eine Gesellschaft, die vom Krieg traumatisiert ist oder eine tiefe Schuld fühlt kann Folgen für jeden einzelnen in der Gesellschaft haben. Sie zeigen ähnliche Merkmale wie die traumatisierten selbst auf, wissen aber selbst nicht woher die Symptome kommen (Hündgen, 2021).

Diese unbewusste Weitergabe bezeichnet man als transgenerationales Trauma.

Unverarbeitete, unausgesprochene Trauma werden transgenerational weitergegeben

Während dem 2. Weltkrieg gab es alleine in Deutschland zahlreiche traumatisierende Erlebnisse, die sich auf die Gesellschaft und die einzelnen Personen ausgewirkt haben:

• 4 Mio. tote und 11 Mio. kriegsgefangene Soldaten
• 2,5 Mio. Kinder = Halbwaisen,
• Verlust von/Konfrontation mit traumatisierten Eltern und Großeltern
• Dysfunktionale Väter
• Verleugnung von Tod und Schuld aus Loyalität
• Trennung der Kinder von den Eltern (Verschickungen)
• Bombenangriffe, Kampferlebnisse
• Verluste von Angehörigen
• Verwundungen
• Vergewaltigungen: durch Rote Armee: bis zu 2 Mio. Frauen
• Flucht & Vertreibung von 11,9 Mio. Deutschen

Folgende Erlebnisse können transgenerational weitergegeben werden:

• Emotionale Vernachlässigung
• Verlust wichtiger Bezugspersonen
• Emotionaler Missbrauch
• Sexueller Missbrauch
• Krieg und Vertreibung
• Erfahrungen körperlicher und/oder psychischer Gewalt
• Folter.

Die übertragenen Trauma können sich auf vielfältige Art und Weise zeigen und sie müssen auch nicht bei jedem Kind/Enkel/Urenkel auftreten:

• Seltsamen Flashbacks, beängstigende Bilder oder einfach nur immer wieder ein sehr dumpfes starkes Unwohlsein in bestimmten Situationen
• Depressionen, Schlaflosigkeit, Schuldgefühle, Angstzustände, Phobien, Vertrauensverlust, Verlustängste

Unverarbeiteten Belastungen werden weitergeben und die nächste Generation bewältigt sie dann bestenfalls. Alles was nicht weiterverarbeitet wurde kann weitergegeben werden. Daher können Kinder/Enkel psychische Störungen entwickeln, die ihren Ursprung in den Traumata der Eltern haben.